
10 März 2025
Welche Schritte wurden im Jahr 2024 im Bereich der Nachhaltigkeit und in der Modeindustrie unternommen? Entdecke unsere Ansichten zu einem Jahr voller Veränderungen!
Wenn wir auf das Jahr 2024 zurückblicken, hat die Modeindustrie einige wirklich inspirierende Entwicklungen erlebt. Marken und Designer:innen haben ihr Engagement für mehr Nachhaltigkeit, soziale Wirkung und zirkuläre Innovation weiter verstärkt. Von bahnbrechenden Projekten bis hin zu gemeinschaftsorientierten Initiativen – dieses Jahr hat gezeigt, wie Kreativität und Verantwortungsbewusstsein Hand in Hand gehen können.
Das Jahr 2024 hat sich als ein entscheidender Moment für die EU-Gesetzgebung und die Nachhaltigkeitsbemühungen erwiesen, mit wichtigen Entwicklungen, die die Zukunft der Umweltpolitik maßgeblich prägen. Im Rahmen der ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele des EU Green Deals wurden in diesem Jahr bedeutende Veränderungen angestoßen.
Ein Überblick über die rechtlichen Highlights in Bezug auf Nachhaltigkeit in der Modeindustrie:
Bereits im Januar unterzeichneten über 100 Marken und Einzelhändler das Bangladesh Safety Agreement – ein bedeutender Meilenstein zur Verbesserung der Arbeitssicherheit für Textilarbeiter:innen in Bangladesch. Das Abkommen baut auf den Fortschritten des ursprünglichen Accords auf und stellt sicher, dass Fabriken strenge Sicherheitsinspektionen und Standards einhalten, um die Arbeiter:innen zu schützen.
Zusätzlich verpflichteten sich 100 globale Marken und Einzelhändler zum Pakistan Accord – ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Sicherheit und der Rechte von Textilarbeiter:innen in Pakistan. Das Abkommen konzentriert sich auf kritische Sicherheitsprobleme am Arbeitsplatz, darunter Gebäudestabilität und Brandschutz, und zielt darauf ab, die Erfolge aus Bangladesch zu wiederholen.
Beide Vereinbarungen stellen einen wichtigen Fortschritt dar, um globale Modemarken stärker in die Verantwortung zu nehmen und gleichzeitig die Sicherheit und Würde der Textilarbeiter:innen in den Mittelpunkt zu stellen.
Die EU Green Claims Directive markierte einen bedeutenden Schritt im Kampf gegen Greenwashing innerhalb der Branche. Im Jahr 2024 nahm das Europäische Parlament im März seine Erstlesung an, während der Rat der EU im Juni einen allgemeinen Ansatz verabschiedete.
Darüber hinaus gerieten mehrere namhafte Unternehmen in den Niederlanden, wie KLM, Shell und Primark, aufgrund irreführender Nachhaltigkeitsversprechen und der Täuschung von Verbraucher:innen unter genauere Beobachtung. Dies führte zu größerer Rechenschaftspflicht und einer genaueren Kommunikation über Nachhaltigkeitsmaßnahmen.
Im Januar 2025 werden die abschließenden Verhandlungen zwischen den EU-Gesetzgebern zur Green Claims Directive und zur Product Environmental Footprint (PEF)-Methodik für Textilien, Bekleidung und Schuhe stattfinden.
Dies scheint zwar ein Schritt in die richtige Richtung zu sein, jedoch weisen Expert:innen der Branche auf bestehende Probleme innerhalb der PEF-Methodik hin. Die derzeitigen Regeln und Bewertungsansätze bilden die tatsächlichen Umweltwirkungen nicht präzise genug ab. Beispielsweise gilt nach der aktuellen PEF-Methodik Polyester als das nachhaltigste textile Rohmaterial nach Leinen, während Wolle als die am wenigsten nachhaltige Option eingestuft wird.
Es gibt noch einige Probleme innerhalb der Product Environmental Footprint (PEF)-Methodik, die dringend Aufmerksamkeit erfordern. Die derzeitige Methodik und die damit verbundenen Regeln müssen verbessert werden, da sie die tatsächlichen Umweltauswirkungen nicht präzise genug widerspiegeln.Ein Beispiel dafür ist die aktuelle PEF-Bewertung, nach der Polyester als das nachhaltigste textile Rohmaterial nach Leinen eingestuft wird, während Wolle als die am wenigsten nachhaltige Option gilt. Eine Einschätzung, die viele Aktivist:innen, darunter COSH!, mit Daten zur Langlebigkeit von Kleidungsstücken und Recycling-Tracking widerlegen werden.
Sowohl die Europäische Kommission als auch das Europäische Parlament erkennen diese Schwächen an und möchten die PEF-Methodik vorerst nicht einführen. Der Europäische Rat hingegen drängt darauf, die Richtlinie öffentlich zu machen.
Dies würde bedeuten, dass die PEF künftig als unabhängige und verlässliche Benchmark für die Kennzeichnung von Nachhaltigkeit in Textilien in vielen anderen politischen Maßnahmen verwendet wird.
Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) trat im Januar 2024 offiziell in Kraft und verpflichtet große Unternehmen (500+ Mitarbeitende) sowie börsennotierte Firmen dazu, detaillierte Informationen über ihre Umwelt‑, Sozial- und Governance- (ESG)-Auswirkungen offenzulegen. Dazu gehören Lieferkettentransparenz, Klimarisiken und Strategien für die Kreislaufwirtschaft. Diese Unternehmen müssen ihre Berichte für das Geschäftsjahr 2024 erstellen, die im Jahr 2025 veröffentlicht werden.
Am 18. Juli 2024 trat die Ecodesign-Verordnung für Sustainable Products Regulation (ESPR) in Kraft. Die Europäische Kommission wird den ersten ESPR-Arbeitsplan in der ersten Jahreshälfte 2025 verabschieden. Die Verordnung ermutigt Marken dazu, umweltbewussteres Design zu priorisieren und Fast-Fashion-Praktiken zu reduzieren, indem die Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit, Aufrüstbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten verbessert werden.
Die Modebranche hat in den letzten zwei Jahrzehnten einen drastischen Rückgang der Produktqualität und Langlebigkeit erlebt, was dazu geführt hat, dass Mülldeponien mit minderwertigen Kleidungsstücken überlaufen.
COSH! setzt sich dafür ein, den Übergang zu einer nachhaltigeren, ethischeren und zirkulären Modeindustrie zu beschleunigen.
Wie ihr vielleicht bemerkt habt, haben wir die Digital Wardrobe App gelauncht! Dank der COSH! App könnt ihr nachvollziehen, wie häufig ein Kleidungsstück getragen wurde und wie lange seine Lebensdauer ist. Die App zeigt außerdem Reparaturwerkstätten in eurer Nähe an, um die Lebensdauer eurer Kleidung zu verlängern.
Die COSH! Mitglieder Wolvis, Spica Lifestyle, Chlues und Abelone Wilhelmsen gehören zu den ersten Marken, die an die App angeschlossen sind. So erhältst du wertvolle Einblicke in das Leben der Kleidungsstücke.
Digitale Produktpässe sind ein wichtiger Bestandteil der Ecodesign-Verordnung für die Sustainable Products Regulation. Im Jahr 2024 fand eine öffentliche Konsultation und ein Aufruf zur Bereitstellung von Informationen statt, sodass der Rechtsakt im Jahr 2025 von der Kommission ausgearbeitet und verabschiedet wird. Obwohl die technischen Anforderungen und wesentlichen Bestandteile der Digitalen Produktpässe noch nicht feststehen, ist das Hauptziel klar: Ein Werkzeug zu schaffen, das einfachen Zugang zu digitalen Informationen über die Nachhaltigkeit, Zirkularität und rechtliche Konformität von Produkten bietet.
Auch wenn Digitale Produktpässe noch nicht verpflichtend sind, setzen viele Unternehmen sie bereits ein, um detaillierte Produktinformationen bereitzustellen, wie etwa Materialzusammensetzung, Produktionsstandorte, Recyclingpotenzial und Lebenszyklusdaten für die Verbraucher:innen.
Dieser Fortschritt in Transparenz und Rückverfolgbarkeit ist ein großer Gewinn für die Modeindustrie und die Verbraucher:innen. COSH! möchte diesen Wandel beschleunigen, indem eine vertrauenswürdige und zugängliche Plattform bereitgestellt wird, auf der Verbraucher:innen einfach Digitale Produktpässe von verschiedenen Anbietern einsehen können.
Hier sind einige der bedeutendsten Highlights aus der COSH! Community im Jahr 2024, die sinnvolle Veränderungen hervorheben und den Weg für eine bessere und verantwortungsvollere Zukunft ebnen.
Im Jahr 2024 begab sich MUD Jeans, unter der Leitung von CEO Jolanda Brink, auf einen mutigen neuen Weg und lud die Fans ihrer umweltfreundlicheren Denim-Produkte ein, Teil des Wachstums der Marke zu werden. Durch eine innovative Crowdfunding-Initiative können Unterstützer:innen Anteile am Unternehmen erwerben und dabei von exklusiven Vorteilen profitieren, wie Willkommensgeschenken, Rabatten und Jeans sowie der Möglichkeit, nach einigen Jahren Dividenden zu erhalten.
Die Kampagne erzielte bereits die beeindruckende Summe von fast 800.000 €, was 93 % des Ziels entspricht. „Innerhalb von nur zwei Wochen haben wir mehr als die Hälfte unseres Ziels von Fans, Einzelhändlern und Kund:innen erreicht“, erklärte Bert von MUD Jeans und betonte die tiefe Verbindung der Marke zu ihrer treuen Community.
Dieser bahnbrechende Schritt zeigt nicht nur die Kraft gemeinschaftsorientierter Geschäftsmodelle, sondern unterstreicht auch das Engagement von MUD Jeans für nachhaltigere Mode und innovative Markenentwicklung.
Im Jahr 2024 startete Iris Nijenhuis, bekannt für ihre innovativen modularen Schmuckdesigns, eine Crowdfunding-Kampagne, um ihre nachhaltigere Arbeit durch das Take Part-Forschungsprojekt auszubauen. Was sie besonders auszeichnet, ist ihr Engagement für soziale Wirkung. Im vergangenen Jahr arbeitete sie eng mit dem örtlichen Pflegezentrum Abrona sowie den Sozialunternehmen I‑did und OPNIEUW! zusammen, um sozial verantwortliche, lokale Produktionsmethoden für ihre Accessoire-Kollektion zu erforschen. Dieses Forschungsprojekt untersucht die Werte der Verbraucher:innen rund um lokale und soziale Wirtschaft. Ihre Bemühungen haben nicht nur Menschen zusammengebracht, sondern auch gezeigt, wie Design als Werkzeug für positiven gesellschaftlichen Wandel dienen kann.
Das Festival „Fais-le toi même“ von Design for Resilience brachte Bürger:innen, Aktivist:innen, Künstler:innen, Vereine und Führungspersonen zusammen. Das Event präsentierte Kollektionen und Kreationen, die auf Prinzipien von zirkulärem Design, Langlebigkeit und Resilienz basieren. Mit einem Fokus auf die großen Herausforderungen dieser Übergangszeit und der Förderung von kollektivem Wandel schuf die Veranstaltung eine Plattform zum Austausch von Ideen und Perspektiven, um neue Wege zu entwickeln, die Menschen mit der Natur und der Gemeinschaft verbinden.
Achilles & the Tortoise erweitert ihre einzigartige Streetwear-Kollektion um Sweatshirts und setzt dabei auf eine Crowdfunding-Kampagne durch den Launch einer Pre-Order-Kollektion. Die Designs sind so konzipiert, dass sie leichter recycelbar sind, in Europa hergestellt werden und den charakteristischen Stil der Marke beibehalten. Durch die Kombination von natürlichen Materialien mit einem klaren Fokus auf Zirkularität bleibt die Marke den Slow-Fashion-Prinzipien in der urbanen Mode treu.
Im Dezember 2024 startet das zirkuläre Projekt COllectibles! In diesem Projekt verwandeln die Architektin Eva Gheysen und der Möbeltischler Rikkert Maes Abfallmaterialien aus den Ecoso-Second-Hand-Läden in einzigartige zirkuläre Interior-Design-Konzepte.
In einer Branche, in der Greenwashing weiterhin ein Problem darstellt, hebt Patagonia die Standards für den gesamten Sektor an. Nachdem das Unternehmen bereits 2022 die Erde zu ihrem einzigen Stakeholder erklärte, setzt es seinen Weg konsequent fort. Im Jahr 2024 entwickelte Patagonia eine der ersten End-of-Life-Lösungen für Neoprenanzüge, startete eine Crowdfunding-Kampagne, um die Ökosysteme und die Umwelt in der chilenischen Patagonien zu schützen, und rief den Lone Planet Fund ins Leben, um lokale und indigene Gemeinschaften zu unterstützen.
2024 organisierte Patagonia außerdem die Worn Wear Tour, einen Reparaturservice, der durch verschiedene Orte tourte, um Ausrüstung kostenlos zu reparieren. Isabel, unser COSH!-Mitglied von De Naaierij nahm an diesem Projekt teil.
Dank beharrlicher Kampagnen und Kommunikation ziehen die Initiativen von Patagonia weiterhin weltweite Aufmerksamkeit auf Umwelt- und soziale Themen.
Mit dem Schritt ins Jahr 2025 sieht die Zukunft der Modebranche zunehmend positiv aus. Der Fokus auf Zirkularität, Transparenz und ethische Praktiken gewinnt weiter an Dynamik. Spannende Innovationen wie bioengineered Stoffe, carbon-captured Textilien und Recyclingtechnologien der nächsten Generation werden die Art und Weise, wie Mode produziert und konsumiert wird, neu definieren.
Von kleinen gemeinschaftsorientierten Initiativen bis hin zu groß angelegten Innovationen hat die Modegemeinschaft im Jahr 2024 ihre Resilienz und Kreativität unter Beweis gestellt. Der Schritt ins Jahr 2025 macht eines klar: Mode ist längst nicht mehr nur eine Frage des Stils – es geht um Wirkung, Innovation und darum, ein positives Erbe für die Zukunft zu hinterlassen.
Allerdings hoffen wir für 2025, dass die in der Branche geäußerten Bedenken zu einer Neubewertung des aktuellen Product Environmental Footprint (PEF) führen werden. Dieses wichtige Stück Gesetzgebung wird die Standards für viele Jahre festlegen und sollte daher nicht mit so vielen Mängeln behaftet sein!
Auf ein Jahr, in dem Mode zu einer echten Kraft des Guten wird.