29 Oktober 2025
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Mit dem Label “Made in Europe” geht oft die Annahme einher, dass Kleidung unter besseren ethischen Bedingungen hergestellt wurde. Doch stimmt das wirklich?
Eine Möglichkeit, die ethischen Standards der Kleidungsproduktion zu beurteilen, besteht darin, zu prüfen, ob Textilarbeiter:innen einen Existenzlohn erhalten. Existenzlöhne liegen über dem gesetzlichen Mindestlohn und bieten den Beschäftigten genügend Einkommen, um ihre Grundbedürfnisse zu decken und zusätzlich etwas Geld zurückzulegen. Existenzlöhne sind von den Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt.
Leider erschwert die mangelnde Transparenz in der Textilindustrie die Einschätzung, ob die Menschen hinter den Lieblingskleidungsstücken tatsächlich fair bezahlt werden. Laut dem Fashion Transparency Index 2023 von Fashion Revolution geben 99 % der großen Modemarken nicht an, wie viele Arbeiter:innen in ihren Lieferketten einen Existenzlohn erhalten.
Eine Untersuchung der Clean Clothes Campaign ergab, dass keine große Modemarke nachweisen konnte, dass die Beschäftigten in Asien, Afrika, Mittelamerika oder Osteuropa einen Existenzlohn erhalten. Mit dem Tool Fashion Checker lässt sich herausfinden, welche Marken ihren Arbeitenden einen Existenzlohn zahlen. Leider zahlen 97,3 % der befragten Marken keinen Existenzlohn.
Stattdessen erhalten Arbeiter:innen oft nur den gesetzlichen Mindestlohn – oder sogar weniger. Aufgrund der großen Lücke zwischen Mindestlohn und Existenzlohn liegt das tatsächliche Einkommen deutlich unter dem, was für einen angemessenen Lebensstandard nötig wäre. Mindestlöhne orientieren sich in der Regel nicht an den tatsächlichen Lebenshaltungskosten. In Kambodscha beträgt der Mindestlohn nur 33 % des Existenzlohns, in Sri Lanka sogar nur 13 %.
Auch in Europa ist die Situation entgegen der weit verbreiteten Annahme nicht unbedingt besser. Die Europäische Union hat festgestellt, dass die Mindestlohnregelungen in den meisten Mitgliedstaaten unzureichend sind. In Ungarn etwa betragen Mindestlöhne nur 22 % des Existenzlohns. Laut der Clean Clothes Campaign ist die Lücke zwischen aktuellem Lohn und Lebenslohn in europäischen Produktionsländern oft sogar größer als in asiatischen.
„Made in Europe“ steht also nicht automatisch für faire Produktionsbedingungen. Umgekehrt bedeutet ein Label wie „Made in China“ nicht zwangsläufig, dass die Arbeitenden schlechter behandelt werden als in Europa.
Der Wettbewerbsdruck in der Modebranche sorgt für immer niedrigere Preise – ein „race to the bottom“ bei Löhnen und Arbeitsbedingungen. Um Gewinne zu steigern, drücken Marken die Produktionskosten, was dazu führt, dass Arbeiter:innen nicht angemessen entlohnt werden.
Zudem werden Millionen von Beschäftigten nicht nach Stunden, sondern nach produzierten Kleidungsstücken bezahlt. Das bedeutet in der Praxis oft überlange Arbeitszeiten ohne entsprechende Bezahlung. Berichte zeigen, dass Vorgesetzte bei Beschwerden häufig entgegnen, die Arbeiter:innen sollten einfach schneller arbeiten.
Es gibt jedoch Hoffnung, dass durch effektive Zusammenarbeit Veränderungen möglich sind – in Europa und darüber hinaus.
Forward Faster
Die Vereinten Nationen erkennen an, dass Unternehmen in vielen Ländern über den Mindestlohn hinausgehen müssen, da dieser keinen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. 2023 startete der United Nations Global Compact die Forward Faster-Initiative – eine globale Plattform, um Fortschritte in Richtung der Sustainable Development Goals voranzutreiben. Eines von fünf Handlungsfeldern ist der Existenzlohn.
Fair Wear
Die Fair Wear Foundation setzt sich weltweit für sichere, würdevolle und fair bezahlte Arbeit ein. Mit ihrer Fair Price App zeigt sie, wie sich höhere Löhne auf Produktpreise auswirken – und dass es möglich ist, Löhne zu erhöhen und dennoch wettbewerbsfähig zu bleiben.
Global Living Wage
Die Global Living Wage Coalition fordert weltweit angemessene Lebensstandards. Mit der Anker-Methodik wurden realistische Lebenslöhne für 56 Länder berechnet. Diese Daten ermöglichen den Vergleich und die Ermittlung von Lücken zwischen aktuellem und tatsächlichem Lebenslohn.
ACT (Action, Collaboration, Transformation)
ACT ist eine Initiative internationaler Marken, Einzelhändler, Hersteller und Gewerkschaften mit dem Ziel, Löhne in der Bekleidungsindustrie zu verbessern. Der Ansatz: Branchenweite Tarifverhandlungen in wichtigen Produktionsländern, um Existenzlöhne zu erreichen.
Als Konsument:in
Als lokale:r Designer:in oder Marke
Die Zahlung von Existenzlöhnen an alle Textilarbeiter:innen muss dringend angegangen werden. Mindestlöhne allein reichen nicht aus, um einen angemessenen Lebensstandard zu sichern. In vielen Produktionsländern reichen die Löhne nicht aus, um der Armut zu entkommen – und auch in Europa gibt es Probleme bei der Lohngestaltung. Durch Zusammenarbeit zwischen Organisationen, Marken und Regierungen besteht jedoch Hoffnung, dass Existenzlöhne Realität werden können.
Quellen:
https://cleanclothes.org/campaigns/europe-floor-wage
https://labourbehindthelabel.org/living-wage/
https://international-partnerships.ec.europa.eu/news-and-events/stories/fashionchecker-calling-living-wage-garment-workers-and-more-transparent-supply-chain_en
https://www.ethicaltrade.org/act-initiative-living-wages
https://www.globallivingwage.org/
https://www.fairwear.org/programmes/living-wage/
https://www.thesustainablefashionforum.com/pages/quick-question-why-are-brands-held-responsible-for-paying-garment-workers-a-living-wage
https://employment-social-affairs.ec.europa.eu/policies-and-activities/rights-work/labour-law/working-conditions/adequate-minimum-wages-eu_en
https://unglobalcompact.org/what-is-gc/our-work/livingwages
https://forwardfaster.unglobalcompact.org/
https://www.fashionrevolution.org/fashion-transparency-index-2023/
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