20 Dezember 2024
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Bei Annette Rufeger gibt es mehr als nur ein neues Kleidungsstück. Mit viel Liebe zum Detail entsteht der Entwurf und durch aufwendige Handwerkskunst hält man Wochen später das fertige Modell in den Händen. Annette erzählt uns wie alles begann und was sie sich für die Zukunft wünscht.
Annette, erzähl doch mal wie alles bei Dir begann.
Annette: Ich habe Modedesign in Hamburg an der Armgartstraße (heute HAW) studiert und danach noch ein Volontariat im Bereich Journalismus mit dem Schwerpunkt Innenausstattung absolviert. Letztendlich habe ich dadurch gemerkt, dass ich doch unbedingt etwas mit Mode machen möchte. Nach diversen Praktika habe ich mich mit einer Freundin zusammen selbständig gemacht. Das ist schon ewig her!
Mein eigenes Label konnte ich ende der 90iger mit einem Laden im Schanzenviertel starten. Fünf weitere Hamburger Labels waren mit dabei. Es war wie ein Shop-in-Shop System. Jeder Designer hatte einen Meter Stange, um seine Kollektion zu präsentieren und musste einmal in der Woche die Schicht im Laden übernehmen. Den Rest der Woche hat man dann in seinem eigenen Atelier gearbeitet. Das Modell hat wirklich super funktioniert, auch wenn das eine oder andere Label mal gewechselt hat. Man hat sich die Finanzierung geteilt und die Einnahmen gingen direkt an den jeweiligen Designer. Als das Modell dann später auseinander ging, habe ich den Laden mit meinem eigenen Label weitere 8 Jahre genutzt.
Anfangs habe ich fast alles selber genäht, überwiegend Hosen – das war mein Thema! Unisex Hosen für Männer und Frauen. Generell alles was mit Hosen zu tun hatte: Hosenröcke, Overalls, sportliche Hosen, Marlene Hosen etc. Schnitttechnisch war es auf jeden Fall eine Herausforderung, aber irgendwie hatte ich ein Händchen dafür. Ich habe z.B. auch bei alten Hosen vom Flohmarkt die Schnitte abgenommen und diverse Varianten ausprobiert.
“Ich setze sehr gute Stoffqualitäten ein und habe immer einen nachhaltigen Sinn im Hinterkopf – meine Kundin soll sich in dem Kleidungsstück wohl fühlen. Es soll sie lange begleiten und natürlich perfekt sitzen.”
Wie konntest Du Dich motivieren, immer weiter zu machen?
Annette: Mein großer Traum war es wirklich, dass ich davon leben kann! Und dann heißt es einfach durchhalten, zäh sein und sich nicht kleinkriegen lassen. Na ja, und ein wenig Glück gehört auch dazu. Natürlich musste ich nebenbei auch noch jobben, aber tatsächlich konnte ich schon nach gut 3 – 4 Jahren davon leben. Der große Sprung kam nach 10 Jahren, als ich den ursprünglichen „Gemeinschaftsladen“ mit einer Freundin zusammen, die Hüte und Mützen macht, übernommen habe. Es hat mir unheimlich viel Kraft gegeben, das Projekt mit jemandem anderen aufzuziehen, das war schon fast wie eine Ehe! Wir haben uns gegenseitig unterstützt und geholfen.
Und was war in den letzten Jahren Dein wichtigster Schritt?
Annette: Als ich vor 4 Jahren in die Marktstraße gezogen bin. Dort habe ich Laden und das Atelier in einem. Endlich habe ich das Gefühl angekommen zu sein. Die Atmosphäre der Straße, des Viertels inspiriert mich und die Laden-/Ateliergestaltung ist super schön, es ist alles so offen, fast transparent. Meine Kundinnen können die Stoffe und Muster der nächsten Saison sehen und freuen sich, wenn sie einen kleinen Einblick bekommen.
Wie würdest Du Deinen Stil beschrieben und wer ist Deine Zielgruppe?
Annette: Ich mache Mode für Frauen, spiele aber gerne mit männlichen und weiblichen Details. Ich finde ja, dass Männermode etwas Schönes und Klares an sich hat. Dadurch entsteht ein hochwertiger Business Look, mit dem man aber anders als mit einem klassischen Anzug gekleidet ist. Ich setze sehr gute Stoffqualitäten ein und habe immer einen nachhaltigen Sinn im Hinterkopf – meine Kundin soll sich in dem Kleidungsstück wohl fühlen. Es soll sie lange begleiten und natürlich perfekt sitzen. Aus diesen Gründen entwerfe ich auch eher zeitlose Mode und folge keinen aktuellen Trends.
Die Frauen, die zu mir kommen sind zwischen 30 – 60 Jahren. Irgendwann werden die Frauen wählerischer und haben einen eigenen Stil. Das freut mich und bediene ich gern. Ich weiß, dass meine Kundinnen den Preis akzeptieren, weil sie respektieren, dass es ein kleines Unternehmen mit kleinen Stückzahlen und hoher Qualität ist. Sie wissen auch, dass hinter dem Schneiderhandwerk immer noch Menschen stehen.
Du legst viel Wert auf Deine Stoffauswahl. Wer oder was sind Deine Quellen?
Annette: Ja, der Stoffeinkauf ist mir wirklich sehr wichtig. Es ist für mich auch sehr inspirierend und unerlässlich für den Ablauf meiner Arbeit.
Teilweise kenne ich die Firmen schon seit über 20 Jahren und mit dem ein oder anderen bin ich auch privat befreundet. Die hochwertigen Stoffe kommen meistens aus Deutschland, Frankreich oder Italien. Inzwischen kenne ich auch alle Firmen, die diese produzieren. Meine Schwerpunkte liegen bei Schurwolle und Baumwolle. Polyesterqualitäten schaue ich mir tatsächlich gar nicht an.
Was bedeutet für Dich der Begriff Nachhaltigkeit?
Annette: Wie gesagt, es sind zum einen die hochwertigen Stoffe und die mit viel Liebe zum Detail ausgearbeiteten Schnitte. Das ist der Grundstock für die Langlebigkeit. Dann ist es die Transparenz in meinem Laden/Atelier. Wir fertigen die Muster bei uns im Laden oder bei einem Schneider hier in Hamburg. Haben wir eine größere Stückzahl greife ich auf einen kleinen Nähbetrieb in Stettin zurück, mit dem ich seit 3 Jahren zusammen arbeite. Dort weiß ich, dass fair produziert wird und dass alle sozialen Anforderungen passen und mit meinen Werten übereinstimmen.
Die Einrichtung in meinem Laden, habe ich von einem Hamburger Tischler anfertigen lassen, nachhaltige Materialien wurden eingesetzt. Das Design ist zweckmäßig und intelligent gestaltet.
In meinem Team ist jeder auf seinem Gebiet Spezialist. Es muss keiner alles können. So kann man sich auch viel besser auf das, was man tut konzentrieren. Nachhaltig zu sein, bedeutet auch, nicht jedem Modetrend hinterher zu laufen.
Was wünscht Du Dir für die Zukunft?
Annette: Insbesondere nach dieser unsicheren, bedrückenden Zeit der Corona-Pandemie, würde ich mir wünschen, dass die Frauen generell wieder mehr Spaß an Mode haben! Sie sollten Herzklopfen bekommen bei einem Modell, Schnitt, Farbe oder wenn sie einen Stoff anfassen. Der WOW-Effekt sollte wieder einsetzen. Das ist eigentlich das was Mode ausmacht und das brauchen wir. Es ist etwas Besonderes.
Natürlich achten insbesondere Frauen auf eher nützliche, praktische Dinge, aber sie sollten sich wieder mehr Zeit nehmen, für das was ihnen gefällt, was glücklich macht.
Ich möchte auf jeden Fall dem Zeitdruck und den Zwängen der Modeindustrie aus dem Weg gehen. Ich möchte mich gar nicht vergrößern. Das würde auch nicht mit meinen jetzigen Strukturen funktionieren. Ich möchte mit den Leuten, mit denen ich jetzt arbeite, weiterhin zusammenarbeiten. Sie sind mir wichtig und ich schätze sie sehr.
Jetzt schauen wir mal, was die neue Herbst/Winter Kollektion so bringen wird. Wir müssen uns beeilen, damit Ende August/Anfang September die ersten Fotos online zu sehen sind.
Auf die neue Kollektion von Annette sind wir alle schon sehr gespannt. Dafür könnt ihr sehr gerne in ihrem Laden in Hamburg vorbeischauen. Aber ihr habt auch die Möglichkeit, das Lookbook auf ihrer Webseite anzusehen oder in Berlin im Laden „Wertvoll“. Dort werden bereits seit 15 Jahren die Kollektionen von Annette verkauft.
Finde mehr darüber: https://www.annetterufeger.de/
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